VNL-Statement zur Regierungserklärung
Zur Regierungserklärung von Ministerpräsident Stephan Weil erklärt Torsten Neumann, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte VNL:
„Die Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten Stephan Weil hat gezeigt, dass Rot-Grün sich für die nächsten fünf Jahre sehr viel vorgenommen hat und auch zügig an die Umsetzung gehen will. Das ist auch bitter nötig, denn es gibt auf den verschiedensten Gebieten dringenden Handlungsbedarf. Einer davon ist zweifelsohne die Bildungs- und Schulpolitik.
Wir stimmen mit Stephan Weil und Rot-Grün überein, dass Bildung angesichts der für alle spürbaren desolaten Unterrichtsversorgung an unseren Schulen eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Regierung sein muss, die nicht nur angegangen, sondern auch gelöst werden muss. Der sich immer weiter verstärkende Lehrkräftemangel trägt nicht dazu bei, die Qualität unserer Schulen zu steigern. Dabei ist das dringender denn ja. Das hat auch der „IQB-Bildungstrend 2021“ vor kurzem gezeigt, der Niedersachsens Grundschülerinnen und -schülern erhebliche Defizite beim Schreiben, Lesen und auch in den Rechenfertigkeiten attestiert hat. In einem Interview mit der WELT hat Bildungsforscher Olaf Köller gerade diese Entwicklung als „Katastrophe“ bezeichnet und einen Rückfall auf das Niveau von PISA 2000 festgestellt. Ein Grund dafür ist zweifelsohne der eklatante Lehrkräftemangel.
Wir begrüßen daher die Ankündigung, den Lehrkräfteberuf durch die Anhebung der Besoldung von Grund-, Haupt- und Realschullehrkräften attraktiver zu machen und A13/E13 für alle Lehrkräfte als Einstiegsgehalt einführen zu wollen. Das muss „so schnell wie möglich“ erfolgen, wie es Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung angekündigt hat. Es darf nicht dazu führen, dass die Umsetzung dieser Maßnahme 2027 wieder zu einem neuen Wahlkampfversprechen wird. Jetzt bedarf es genauerer Ausführungen, wie dieser Plan zeitnah sowohl für neueinzustellende als auch für alle bereits im Dienst stehenden Lehrkräfte umgesetzt wird.
Die Idee, fehlende Lehrkräfte durch Beschäftigte anderer Berufsgruppen zu ersetzen, ist nicht neu und hat bislang nur bedingt geholfen. Diese sog. „Quereinsteiger“ sind den Schulen nur dann eine Hilfe, wenn sie zügig pädagogisch aus- und fortgebildet werden, ansonsten wird zwar die Unterrichtsversorgung statistisch angehoben, aber nicht wirklich verbessert.
Wir vermissen konkretere Entlastungen für die seit langem stark belasteten Lehrkräfte. Die Behauptung, dass mit Einführung von Tabletklassen eine spürbare Entlastung der Lehrkräfte erfolge, können wir so nicht bestätigen. Im Gegenteil, die Belastung steigt oft gerade deshalb, weil die Digitalisierung in Niedersachsen noch immer nicht vorankommt. Es hakt an vielen Stellen, so dass sich nicht nur Frust in den Schulen breit macht, sondern auch die Belastungen der Lehrkräfte hoch bleiben.
Jetzt wird es ernst, die Zeit der Ankündigungen ist vorbei, reale Taten müssen folgen. Wir werden die Arbeit der Landesregierung mit der neuen Kultusministerin Julia Willie Hamburg kritisch, aber konstruktiv begleiten.“