VNL-Statement zum 2. Schulhalbjahr 2023/2024
- Unterrichtsversorgung an den nicht-gymnasialen Schulformen mit durchschnittlich 93,6 Prozent weiterhin deutlich schlechter als der ohnehin schon niedrige Gesamtdurchschnitt
- Wo bleibt der Bildungsruck in unserem Land, es brennt!
Die Ausführungen der Kultusministerin zum 2. Schulhalbjahr 2023/2024 kommentiert Torsten Neumann, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte VNL, wie folgt:
„The same procedure as every year – beim Blick auf die heute von Kultusministerin Julia Willie Hamburg vorgestellten Zahlen zum 2. Schulhalbjahr fühlt man sich unweigerlich an die kultige Aussage aus dem Sketch ‚Dinner for one‘ erinnert. Leider kann man jedoch über das, was unsere Schulen seit Jahren zu Beginn eines jeden Schulhalbjahres zu erwarten haben, nicht lachen. Die Lage ist und bleibt sehr ernst, wie jedes (Halb)Jahr. Mit einer durchschnittlichen Versorgung von nunmehr 96,9 Prozent sind wir von einer ordentlichen Unterrichtsversorgung immer noch weit entfernt, insbesondere wenn man auf die deutlich schlechtere Unterrichtsversorgung von lediglich durchschnittlich 93,6 Prozent bei den nicht-gymnasialen Schulformen blickt. Dabei muss man wissen, dass selbst eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung im Schulalltag noch keine Vollversorgung bedeutet. Für diese bräuchte man eine Vertretungsreserve von 110 Prozent, davon können wir jedoch nur träumen.
Unsere Befürchtungen, dass die Unterrichtsversorgung an den nicht-gymnasialen Schulformen im Sekundar-I-Bereich schlecht sein wird, sind leider wieder einmal bestätigt worden. Mit einer durchschnittlichen Unterrichtsversorgung von knapp 93,6 Prozent ist die Unterrichtsversorgung an vielen dieser Schulen katastrophal. Hier muss dringend schnellstens nachgesteuert werden, denn es geht schlichtweg um die Bildungschancen einer ganzen Generation.
Obgleich zum Halbjahr wiederum eine große Anzahl von Stellen für neue Lehrkräfte ausgeschrieben worden ist, konnten lediglich knapp 74,6 Prozent davon besetzt werden. Es gibt nach unseren Informationen auch Kreise, wo die Besetzungsquote noch niedriger liegt. Gerade im nicht gymnasialen Bereich der Sekundarstufe I wird die Unterrichtsversorgung weiterhin sehr angespannt bleiben – leider wie seit vielen Jahren.
Die übergroße Belastung aller an Schule Beschäftigten wird durch den eklatanten Lehrkräftemangel noch weiter verstärkt. Es fehlen weiterhin wirkungsvolle Maßnahmen zur Entlastung der über Gebühr belasteten Lehrkräfte. Es mangelt an unseren Schulen immer noch neben pädagogischen Mitarbeitenden Unterstützungspersonal im Schulsozialdienst und beim schulpsychologischen Dienst. Vor allem warten viele Schulen weiterhin auf den Einsatz multiprofessioneller Teams. Diese Maßnahmen wären zweifelsohne eine Entlastung für die Lehrkräfte. Ebenso muss man sich fragen, wo das IT-Fachpersonal zur Betreuung der technischen Aufgaben an unseren Schulen bleibt? Das kann und sollte nicht noch immer von Lehrkräften zusätzlich erbracht werden. Ebenso sollte das Kultusministerium den Vorschlag des Landesrechnungshofes weiter verfolgen, flächendeckend Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben wie zum Beispiel Lehrmittelausleihe, Reisekosten und Budgetverwaltung durch Einstellung von angemessen bezahlter Verwaltungsassistentinnen und -assistenten zu entlasten.
Das unselige Abordnungskarrusell muss sich angesichts der desolaten Unterrichtsversorgung auch wieder drehen, sehr zu Lasten der Lehrkräfte und sowohl der abgebenden als auch der aufnehmenden Schulen. Unproduktive Unruhe ist vorprogrammiert, die Belastung der betroffenen Lehrkräfte steigt dadurch einmal mehr.
Die Lage ist und wird sehr angespannt und belastend bleiben. Es bedarf weiterhin heftiger Anstrengungen. Werden die Ankündigungen unserer Kultusministerin Julia Willie Hamburg ausreichen? Es müssen zeitnah weitere Taten folgen. Es muss endlich ein Bildungsruck durch unser Land gehen, es brennt!“